Singulär
für die Epoche Ramses' II. steht diese Gruppenplastik eines Privatmannes
als Monument geschichtlicher Überlieferung. Usprünglich befand
sie sich wohl in der Kultnische der Grabkapelle des Familiengrabes in Sakkara,
der Nekropole von Memphis. Das Grab wurde zwar noch nicht gefunden, aber
der Titel des Ptahmai als Wab-Priester des Ptah deutet auf das Gebiet von
Memphis als Lebensraum der Dargestellten. Sie sind in vier Generationen
benannt, im Bilde zu sehen, und symbolisieren auf diese Weise den Gedanken
des Fortlebens in den direkten Nachkommen, vielleicht auch ein Ausdruck
keimenden Geschichtsbewußtseins im Privaten.
Die Darstellung
Auf der
Vorderseite des Bildwerkes sitzen, plastisch ausgeformt, Ptahmai zwischen
seiner Frau Hatschepsut (zu seiner Linken) und der Tochter Iniuhaj. Das
Elternpaar unterscheidet sich in der Kopfhöhe von der sitzenden Tochter.
Ptahmai wird von Frau und sitzender Tochter umarmt - eine "Familienidylle",
ein Symbol großer Harmonie. Vor Tochter und Vater, winzig aus Bescheidenheit,
steht die Stifterin des Familienbildes, die zweite Tochter des Paares mit
Namen Henut-Demiu. Daneben, ebenfalls klein, steht ihr Sohn Ramose, der
Enkel des Ptahmai. Zentralfigur der Plastik ist Ptahmai. Er ist kahlköpfig
dargestellt und trägt eine doppelte Kette von Goldscheibenperlen um
den Hals. Diese beiden äußeren Kennzeichen lassen Rückschlüsse
auf die Biographie dieses Mannes zu. Die beiden Ketten ("Gold der Tapferkeit")
verweisen auf Verdienste im Militär. Diesen Teil seiner Karriere,
die auf eine erfolgreiche Teilnahme an den Kriegszügen Ramses' II.
schließen läßt, verschweigen die Inschriften. Gezeigt
wird Ptahmai in der zweiten Hälfte seines Lebens als würdiger
Priester und daher kahlköpfig, wie es die Reinheitsgebote für
diesen Stand vorsahen. Er nennt sich Wab-Priester des Ptah. In Zusammenhang
mit der militärischen Auszeichnung bedeutet es, dass Ptahmai als Dank
für seine Tüchtigkeit in seiner Offizierslaufbahn eine Pfründe
beim Ptahtempel als Alterversorgung erhielt, eine seit der Zeit der Königin
Hatschepsut oft geübte Praxis gegenüber verdienten Militärs.
Als Wab-Priester trug er weisse, im Kult auch silberne Sandalen und ist
daher auf dem Familienbild als einziger mit diesen bekleidet. Links von
ihm sitzt seine Frau Hatschepsut, "Sängerin des Amun", rechts die
Tochter Iniuhaj, als Haremsdame des Pharao gesellschaftlich die ranghöchste
Person der Gruppe. Die Stifterin des Bildwerkes, Henut-Demiu, "Sängerin
des Amun", mit einem Sistrum in der rechten Hand, steht bescheiden zu Füßen
der Eltern. Mit kindlicher Geste legt sie die Hand an den Schurz des Vaters.
Sie versichert in der Inschrift, dass sie das Bildwerk schaffen ließ,
"um ihre (der gesamten Familie) Namen leben zu lassen". Klein wie sie selbst
ist auch ihr Sohn Ramose dargestellt. Er trug den Titel "Diener des Pharao".
Die drei Hauptfiguren sitzen auf den im Neuen Reich modischen Sesseln mit
Rückenlehne. Modisch ist auch die Bekleidung der Damen mit aufwändigen
Halskragen, kunstvollen schweren Perücken und langen plissierten,
kostbaren Gewändern. Der Priester trägt ebenfalls einen modischen
Schurz aus plissiertem Leinen, der elegant unterhalb des Bauchnabels gebunden
wird, dazu eine Schärpe quer über den mit Wohlstandsfalten als
Statussymbol versehenen Leib.
Die Rückseite
der Sessellehne zeigt im Relief in zwei Registern Szenen vor dem Opfertisch,
wie sie auf Grabsteinen üblich sind. In der oberen Reihe sitzen wohl
die Eltern des Ptahmai, der Vater mit Namen Inj, ehemals Oberster Schreiber
des Königs, und seine Frau. Vor beiden führt ein anderes Paar
stehend Opferhandlungen durch, z.B. "Weihrauch darbringen durch den Sohn"
(Name verloren). Sicher handelt es sich hier um Ptahmai und seine Frau.
Beiden wird im unteren Register von ihren Nachkommen, den drei Töchtern
Iniuhaj, Henut-Demiu und Schenes-Jat, das gleiche für eine Weiterleben
im Jenseits wichtige Ritual zelebriert.
Die Gruppenplastik
des Ptahmai strahlt einen eigenen Zauber voll Schönheit und Würde
aus. Unbestritten ist die große handwerkliche Qualität. Der
verfeinerte Stil in der Modellierung der Leiber lässt an ein künstlerisches
Erbe, an die Seherfahrung der Amarnazeit denken. Leichtigkeit und Grazie,
dazu das eigenartige Lächeln stellt diese Plastik in die Reihe der
Vertreter des "schönen Stils" der Zeit Ramses' II., in der als Einzelfigur
oder als Gruppe überfeinert gekleidete Menschen mit leicht sentimentalem
Lächeln als Grabplastik oder Tempelbild überliefert wurden. Die
Form des Gruppenbildes ist weniger häufig, aber seit der Erfindung
im Alten Reich (Mykerinus-Gruppe) künstlerisch nicht vergessen worden.
Das Lächeln findet sich in den Königsbildnissen Ramses' II. wieder,
wie ein Programm der Zeit.
Die Erwerbung
(nach Archivmaterial des Ägyptischen Museums)
Auch Kunstwerke
haben ihre Geschichte. Im Jahre 1829 bot der damalige Polizeipräfekt
von Paris, M. Saulnier, seine Sammlung ägyptischer Altertümer
dem Ägyptischen Museum Berlin für ca. 60.000 Frc. zum Kauf an.
Gern, so versicherte Saulnier, hätte er seine Sammlung in diesem bedeutenden
Museum gesehen. Aber bei der Höhe des Preises konnte ein Ankauf nicht
realisiert werden. Saulniers Erben boten die um Weniges dezimierte Kollektion
1839 erneut dem Berliner Museum an. Dieses Mal für 30.000 Frc. incl.
Verpackung und Verschiffung. Der Ankauf wurde getätigt, eine Ratenzahlung
vereinbart und nach vielen Abenteuern zu Wasser und zu Lande (u.a. war
das Transportschiff vor Helgoland eingefroren) kam endlich am 15.1.1840
die wichtige Ladung im Ägyptischen Museum (damals im Schloss Monbijou)
an. Der deutsche Spediteur Lemm ließ sich ein Zertifikat über
Unversehrtheit der Ladung ausstellen. Am 18. Januar schickte J.J. Passalacqua
als dankbarer Direktor ein Schreiben mit Übersetzung und Beschreibung
des Stückes an den Generaldirektor, Legationsrat v. Olfers.
Frisch
restauriert
Unter diesem
Rahmenthema werden Objekte vorgestellt, die gerade aus den Restaurierungswerkstätten
kommen. Es ist dies die besondere Situation des Berliner Ägyptischen
Museums, dass Krieg und Nachkriegszeit gravierende Folgen für den
Bestand und oft das einzelne Stück bewirkt haben. Es wurde oft Erstaunliches
geleistet, um den altägyptischen Objekten wieder Bedeutung und den
Schmelz des Kunsthandwerkes zu verleihen, eine Tendenz zu retten und zu
erhalten. Schritt für Schritt hat sich das Restauratorenteam Gerhard
Kunze und Sebastian Röhl dem Gruppenbild genähert. In einer sehr
intensiven Arbeitsphase, die zeitaufwändig war und Fingerspitzengefühl
für das Machbare verlangte, entwickelte sich die Restaurierung zu
einem komplizierten Prozess unvorhersehbarer Abläufe. Die Ergebnisse
liegen gut dokumentiert in Aktenstärke vor. Dem Laien nachvollziehbar
sind Arbeitsschritte wie Entfernen der Schmutzschicht und der alten verfälschenden
Ergänzungen, dabei Festigen und Behandeln des Steins und Einbringen
von Ergänzungen mit einem eigens erfundenen Gesteinsmörtel. Die
Ergänzungen sind angepaßt in der Farbe und befinden sich leicht
unter der Oberfläche, dem forschenden Auge sichtbar. |