Im Tal der Könige Relief aus dem Grab Sethos' I. |
Vorgestellt
und erläutert durch Dr. Olivia Zorn Ägyptische Museen und Sammlungen Berlin am 4. August 2002 in der Remise des Ägyptischen Museums Berlin Veröffentlichung des nachfolgendes Textes mit freundlicher Genehmigung der Autorin |
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Material:
Kalkstein, bemalt Datierung: Herkunft: Inv.-Nr.
2079 |
Abbildungen aus "Das Tal
der Könige" von Nicholas Reeves und Richard H. Wilkinson
Einen
kleinen Eindruck der ursprünglichen Farbigkeit kann das als Kunstwerk
des Monats vorgestellte, frisch restaurierte Relief aus dem dritten Pfeilersaal
vermitteln. Im 19. und auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden
häufig reliefierte Teile aus den thebanischen Gräbern herausgelöst
und gelangten in die Museen der ganzen Welt. Oftmals wurden damit Kunstwerke
vor Verfall bewahrt, dem sie am originalen Ort preisgegeben gewesen wären.
Diese Ecke wurde zusammen mit Teilen eines Pfeilers (Inv.-Nr. 2058) aus
demselben Raum von Richard Lepsius von seiner Ägyptenexpedition 1842
- 1845 nach Berlin gebracht.
Pharao
Sethos I. Ramses
I., der Vater Sethos' I., etablierte nach den Thronwirren der ausgehenden
18. Dynastie 1292 v.Chr. ein neues Herrschergeschlecht. Diese - nach dem
in der Zeit am häufigsten auftretenden Pharaonennamen "Ramses" - als
Ramessidenzeit bezeichnete 19. Dynastie (1292 - 1190 v.Chr.) ist geprägt
von wirtschaftlichem Aufschwung, neuer Machtentfaltung der Pharaonen gegenüber
den abendländischen Nachbarn und großer Bautätigkeit sowohl
im eigenen Land als auch in den angrenzenden Provinzen. Nach einer nur zweijährigen
Regierungszeit seines Vaters besteigt Sethos I. 1290 v.Chr. den ägptischen
Thron. Während seiner Regierungszeit führt er verschiedene Bauprojekte
in den einzelnen Landesteilen Ägyptens durch: er restauriert die in
der Amarnazeit zerstörten Tempel und errichtet Neubauten in den zentralen
Heiligtümern des Landes. Für dieses Konzept steht auch ein Teil
seiner Königstitulatur: "Erneuerung der Schöpfung", die vor allem
im großen Säulensaal des Amun-Tempels von Karnak, einem der 7
Weltwunder, realisiert wird. Seine friedlichen Beziehungen zum benachbarten
Nubien sind ebenfalls durch rege Bautätigkeit geprägt, indem er
u.a. zwei Städte, Akscha und Amara, am 2. Katarakt gründet. Die
Grenzen nach Nordosten sichert Sethos I. durch siegreiche Feldzüge nach
Palästina und ins Orontestal Als
er nach elf Regierungsjahren im Alter von ca. 45 Jahren stirbt, ist die Vormachstellung
Ägyptens vom 4. Katarakt bis zum Orontestal wieder hergestellt und
die Grenzen nach Westen abgesichert. Mit der ausgewogenen Förderung
der Kulte und Kultstätten des Osiris, Ptah und Re neben denen des Reichsgottes
Amun stellt Sethos I. den nach den radikalen Ansätzen Echnatons gelittenen
Religionsfrieden wieder her. Für seinen eigenen Kult errichtet Sethos
I. nicht nur sein Grab mit Totentempel in Theben-West, sondern einen weiteren
Totentempel und ein Scheingrab (Kenotaph) in Abydos, dem Hauptkulturort
des Totengottes Osiris. Grabanlage
im Tal der Könige - Das Dekorationsprogramm Sethos
I. läßt - wie schon seine Vorgänger in der 18. Dynastie
(1540 - 1292 v.Chr.) - sein Grab im thebanischen Westgebirge in den Felsen
schlagen. Er folgt dabei auch dem grundsätzlichen architektonischen
Vorbild, das das geradlinige Grab in Schacht, Vorkammer und Sargkammer gliedert,
erweitert es aber um verschiedene Nebenkammern. Eine weitere umfassende
Neuerung ist, dass er sein gesamtes Grab vom Eingang bis zur Rückwand
der Sargkammer - einschließlich der Treppen und Korridore - vollständig
mit bemaltem Relief ausschmücken läßt. Zuvor trugen nur
die Haupträume Dekoration. In einigen Räumen blieben die Reliefs
unvollendet, dort sind die Bilder und Texte nur in Vorzeichnung ausgeführt.
An diesen Stellen läßt sich deutlich ablesen, dass die Vorzeichnung
in Rot aufgetragen und in Schwarz korrigiert wurde, bevor der Bildhauer mit
dem Ausmeißeln des Reliefs begann; der Maler vollendete dann das Werk.
Die Decken wurden, im Gegensatz zu den Wänden, nur mit Malerei geschmückt. Zwei
Themenkreise bestimmen die Grabdekoration: der König betet oder opfert
vor einer Gottheit; Darstellungen und Texte, welche die Welt jenseits des
Todes beschreiben, dargestellt in vier der sogenannten Unterweltsbücher
(Amduat, Sonnenlitanei, Pfortenbuch, das Buch von der Himmelskuh). Als
weiterer religiöser Text zu den Unterweltsbüchern schließt
sich das "Ritual der Mundöffnung", verbunden mit einer Opferlitanei
an. Sethos I. tritt in den einzelnen Szenen verschiedenen Gottheiten gegenüber,
um deren Fürsprache für ein Weiterleben nach dem Tod zu erlangen.
Vor allem Hathor, die Göttin des Westens (=Totenreich) mit ihren Aspekten
der Regeneration, und Re, der Schöpfer des Universums, bei seiner
nächtlichen Unterweltfahrt sollen dem König neues Leben bringen.
In seinem Grab will sich der verstorbene König mit Re gleichsetzen
oder zumindest in seinem Gefolge sein, um auf diese Weise in den Sonnenlauf
einzutreten, der jeden Morgen aus der Tiefe des unterweltlichen Totenreiches
wieder zum Himmel emporführt. Die Teilnahme an diesem Kreislauf ist
das Ziel der Sonnenlitanei. Amduat
und Pfortenbuch geben in der Beschreibung der Nachtfahrt des Sonnengottes
eingehende Darstellungen des Jenseits, über seine Bewohner und Gefahren. Das Buch
von der Himmelskuh berichtet von dem Anfang der Welt, als der Gott Re als
König noch auf Erden herrschte. Wegen eines Aufstandes der Menschen ziehen
sich die Götter in himmlische Sphären zurück, während
die Herrschaft auf Erden sterblichen Pharaonen überlassen wird. Erst
ab diesem Zeitpunkt beginnt Re seinen täglichen Sonnenlauf. Die
Sarkophaghalle Das vorgestellte Objekt befand sich in dem zentralen Raum des Grabes, der Sarkophaghalle, die aus einem höher gelegenen Pfeilerraum und einem vertieften Teil mit dem Standort des Sarges besteht. Die Wände des unteren Bereiches sind mit Szenen aus dem Amduat dekoriert, während oben Darstellungen aus dem Pfortenbuch gezeigt werden.
Die
Ecke stammt vom hinteren Teil der linken Wand des Pfeilerraumes und zeigt
einen Ausschnitt aus der Darstellung der vier Menschenrassen. Nach ägyptischer
Vorstellung gibt es vier Menschentypen, die Ägypter und ihre angrenzenden
Nachbarn: die Asiaten (Nordosten), Nubier (Süden) und Libyer (Westen).
Von den normalerweise in Vierergruppen oder paarweise auftretenden Völkern
sind auf diesem Fragment nur noch ein Libyer und ein Ägypter erhalten.
Der Ägypter ist in der üblichen Form mit brauner Hautfarbe, schulterlanger
Perücke und kurzem Schurz dargestellt. Der Libyer unterscheidet sich
durch seine hellere Hautfarbe, den Spitzbart, das lange Haar mit Seitenlocke
und den bunten, mit Fransen versehenen Schurz deutlich von dem Ägypter. Der hier nur fragmentarisch aber im ersten
Pfeilersaal des Grabes gut erhaltene Text stellt alle Menschen (als "Vieh
des Re" bezeichnet) sowohl im Jenseits als auch im Diensseits unter göttlichen
Schutz und spielt damit eine gewandelte, humanere Einstellung zu den Ausländern
wider, die sonst generell als "Feinde" gelten. Horus sagt zu diesem Vieh
des Re,
Fotos:
Gitta Warnemünde |