Kunstwerk des Monats April 2001 |
Stadtfürst von Theben - Sitzfigur des Montemhet |
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Montemhet
Granit
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zum
Vergleich:
Mantelstatue des Chertihotep Mittleres Reich 12. Dynastie 1800 v.Chr. |
Vorgestellt
und erläutert durch Frau Dr. Hannelore Kischkewitz
Ägyptisches Museum Berlin am 1. April 2001 in der Remise des Ägyptischen Museums Berlin Veröffentlichung des nachfolgendes Textes mit freundlicher Genehmigung der Autorin |
Montemhet,
Bürgermeister von Theben, 4. Prophet des Amun, Gouverneur des thebanischen
Gaues und mächtigster Mann in Oberägypten am Ende der 25. Dynastie,
sitzt - in einen langen, eng anliegenden Mantel gehüllt - auf einem
würfelförmigen Hocker mit niedriger Rückenlehne. Er trägt
das Haar in feinen Strähnen. Das herzförmig geschnittene Gesicht
mit den breiten Backenknochen und weich geformten Wangen ist in den Einzelheiten
wohlgebildet. Auffällig ist der relativ schmallippige und daher streng
wirkende Mund. Die Mundwinkel sind besonders markiert, so dass ein leichtes
Lächeln entsteht. Der vornehme Mann trägt einen leicht gewellten,
strähnigen Bart von naturalistischer Ausführung. Dagegen wirken
die Hände plump und leblos, wenn auch die Linke von der Bemühung
geprägt scheint, den Mantel eng um den Körper zu ziehen, eine
Geste, die den Betrachter erreicht. Die Modellierung der Füße
mit Knöchel, Spann, Ferse und Zehen verrät den gut beobachtenden
Künstler, einen Meister der Beherrschung des Steines. Durch das eng
anliegende Gewand zeichnen sich die Körperkonturen deutlich ab. Die
Kostbarkeit des Gewandes betont am Saum eine Borte, die in zartem Relief
wiedergegeben ist. Träger, am Halse sichtbar, halten ein Untergewand.
Der Typus des sitzenden Mannes im eng anliegenden Mantel ist in der altägyptischen Kunstentwicklung seit dem Alten Reich bekannt. In Haltung, Tracht und Aufbau zitiert auch hier der unbekannte Künstler der Montemhet-Statue stilistische Vorbilder, die 1200 Jahre älter waren. Daher wurde in diesem Raum (des Museums) die Mantelstatue des Montemhet (25./26. Dynastie, um 670 v.Chr.) der Mantelstatue des Chertihotep als der klassischen Urform dieses Typs (Mittleres Reich, 12. Dynastie, 1800 v.Chr.) gegenübergestellt. Der für das Mittlere Reich maßgebenden Form des Statuentyps schließt sich die Montemhet-Plastik (mit Details aus der frühen 18. Dynastie) aufs Engste an. Es wurde bewußt versucht, ein durch und durch altertümliches Werk zu schaffen. Daher bedarf es genauen Hinsehens, um auszuschließen, dass sich Montemhet eine Statue des Mittleren Reiches angeeignet hat. Die Unterschiede sind gering und nur dem Kenner sichtbar. So ist die feinsträhnige Perücke ein Produkt der 22. Dynastie, Sandalen werden in den Darstellungen erst seit der 18. Dynastie wiedergegeben, der gekräuselte Bart könnte eine individuelle Zutat sein. Im Vergleich beider Statuen erscheint die des Mittleren Reiches geschlossener und einheitlicher, aber auch starrer und unbewegter, zumal eine Inschrift bei Chertihotep, die den Stein optisch aufgelockert hätte, fehlt. Montemhet hat sich in seinen Ehrenstatuen in verschiedenen Stilen und unterschiedlichen Statuentypen darstellen lassen. Ihm standen als dem maßgebenden Mann in der Verwaltung des thebanischen Gottesstaates die besten Bildhauer zur Verfügung. Kunsthistorisch interessant ist der Vergleich des Gesichts der Mantelstatue in dem nahezu realistisch gestalteten Gesicht seiner aus dem Mut-Tempel in Karnak stammenden Statue (Curtius: "Es ist, als hörte man den asthmatischen Alten röchelnd atmen"). In Anlage von Augen, Backenknochen und Mund gibt es eine Art Übereinstimmung. Denn jeder Zug des realistischen Porträts ist in dem der Mantelstatue erkennbar, allerdings umgesetzt in den Stil des in der 25./26. Dynastie kopierten idealistischen Porträts des Mittleren Reiches. Auch die Berliner Statue stellt daher eine Meisterleistung in der künstlerischen Auffassung eines Mannes voller Würde in reiferem Alter dar. Die geistige Grundstimmung der Zeit wurde von einem gewisen Archaismus geprägt, der sich an den Werten und Kunstformen des Alten und Mittleren Reiches orientierte. Die Denkmäler des Montemhet, seine Statuen und die aufwändige Dekoration seines Grabes (Theben, Grab 34) stehen an der Spitze einer thebanischen Renaissance. Die Inschriften (nach Walter Wreszinski 1. Auf dem
Mantel
2. Auf dem
Sitz vorn rechts, rechte Seite und Rückseite
3. Auf dem
Sitz, vorn links und auf der linken Seite
4. Auf dem
Rückenpfeiler
Der soziale Hintergrund - Montemhet und seine Familie Montemhet entstammte einer vornehmen thebanischen Familie, die sich im höheren Beamtendienst mehrere Generationen ausgezeichnet hatte. Urgroßvater, Großvater und zwei Onkel väterlicherseits hatten das Veziramt bekleidet. Sein Vater Nesptah war Bürgermeister von Theben gewesen. Diese Männer hatten ihre Laufbahn beim Heer als Schreiber begonnen und sich in eine Vertrauensstellung zu den Königen kuschitischer Abkunft in der Verwaltung des Gottesstaates in Theben manövriert. Seine Mutter hieß Iset-em-hab. Er war mit drei Frauen verheiratet: Mit Neschons, der Mutter seines Erben und Sohnes Nesptah, mit der Dame Schep-en-mut, sowie mit Udja-ren-es, einer Prinzessin kuschitischer Abkunft. Fixpunkte von Montemhets Lebensdaten gibt es unter dem kuschitischen Pharao Taharka (689-663 v.Chr.), unter der Besatzung und Plünderung Thebens durch die Assyrer unter Assurbanipal (667/66 v.Chr.) und dem anschließenden Vertreiben des Feindes und Wiederaufbau. Seiner Rolle verdankt Montemhet den Ehrentiel eines Vorstehers der Propheten von Ober- und Unterägypten. Nach dem Dynastiewechsel zur 26. Dynastie wird Montemhet bei der Adoption der Nitrokris, Tochter des Königs Psammetich I., als künftiger Gottengemahlin erwähnt (656 v.Chr.). Sein Name ist noch 651 v.Chr. anlässlich eines Orakels bezeugt. Er stirbt wohl um 648 v.Chr. Er war der mächtigste Mann in Oberägypten. Sein Herrschaftsgebiet umfasste ca. 600 km von der Insel Elephantine nach Hermopolis. Die Assyrer bezeichneten ihn als "Herrscher von Theben". Er regierte die Thebais loyal für den kuschitischen Herrscher Taharka und stand neben Schepenupet, der Schwester des Königs und Trägerin des klerikalen Amtes einer "Gottesgemahlin des Amun" an der Spitze des Staates. Fotos: Gitta Warnemünde |